Wandern an den Altarmen der Oder

Der Auenpfad macht die einzigartige Landschaft der Polderwiesen in der Flussaue des Nationalparks Unteres Odertal südlich von Schwedt erlebbar.

Über ein verzweigtes Wegenetz können die Besucher des Nationalparks Unteres Odertal das Schutzgebiet aus nähster Nähe erleben. Neben den verschiedenen Rundwegen durch das Schutzgebiet führen auch mehrere Erlebnispfade in die Auen- und Polderlandschaft.  Zu diesen Wegen gehört der Auenpfad, der eine Länge von 3,7 Kilometer hat und von der Criewener Brücke durch den Polder A bis zum Saathener Wehr führt. Interessante Punkte sind mit den „Auenpfad-Pfählen“ markiert, der Besucher findet hierzu in einer kleinen Broschüre weitere Informationen. Die Broschüre ist im Criewener Nationalparkhaus erhältlich oder kann jederzeit aus einer Holzbox vor der Criewener Kanalbrücke entnommen werden.  .  Es lohnt sich am Saathener Wehr,   das zu den größten Einlassbauwerken an der Oder gehört, etwas länger zu verweilen und die außergewöhnliche Atmosphäre des Odertals aufzunehmen.  Hier ist das Odertal an seinem östlichen Ufer von mächtigen Hügelketten begrenzt, bei warmem Sommerwetter rascheln das Schilf und die Blätter der Weiden, die Gesänge der Rohrammer und des Teichrohrsängers sind zu hören. Im Winter können die Besucher das dumpfe Knacken und Knirschen des treibenden Eises hören, wenn sie die Wasservögel beobachten, die ruhend auf den Eisschollen vorbeitreiben. Es kann auch sehr laut werden am Saathener Wehr: Im Herbst wird es geöffnet, damit der Fluss sich bei Hochwasser ausbreiten kann. Mit tosendem Geräusch strömen die Wassermassen dann in die Oderaue hinein.

Der Wasser- und Nährstoffreichtum des Unteren Odertals bietet ideale Lebensbedingungen für eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten. In Ufernähe wachsen hier auffällig große und blütenreiche Pflanzen, zu denen die Sumpf-Schwertlilie oder der Gewöhnliche Blutweiderich gehören. Die hellgelben Blüten der Sumpfschwerlilie sind von Mai bis Juni zu sehen, die purpurnen Blütenähren des Gewöhnlichen Blutweiderichs blühen von Juli bis September. Die ausgedehnten Röhrichtbestände der Flussaue bilden wichtige Lebensräume für zahlreiche Insekten, Fische, Wasservögel und Säugetiere. Hier siedeln unter anderem die Rohrammer, die an ihrem schwarzen Kopf und braunem Kleid leicht zu erkennen ist. Rohrammern sind von Februar bis November im Nationalpark Unteres Odertal zu Hause, dann ziehen sie in ihre Winterquartiere, die bis nach Nordafrika reichen. Eisvögel, Haubentaucher, Schilfrohrsänger und die in Mitteleuropa sehr selten gewordene Trauerseeschwalbe finden hier geeignete Lebensräume. Von April bis in den Sommer können die Besucher das Froschkonzert der Seefrösche erleben. Auch Fischotter sind in der Auenlandschaft des Unteren Odertals heimisch.

Die Flussaue wird durch Weiden dominiert, die mitunter kleine Weichholzauenwälder bilden. Weiden bieten mit ihren schmalen Blättern und biegsamen Zweigen dem vorbeiströmenden Wasser wenig Widerstand. Außerdem sind sie durch ihr schnelles Wachstum extrem regenerationsfähig. Auf den höher gelegenen Flächen der Flussaue  wachsen Eschen und Stieleichen, die mit ihren tiefen Wurzeln fest im feuchten Boden verankert sind. Sie bilden die Reste des Hartholzauenwaldes, der früher kleinflächig die höheren Bereiche des Odertals bedeckte.

Der Auenpfad führt an Altwasserarmen der Oder vorbei und macht den alten Verlauf der Oder erlebbar, die im Jahr 1862 letztmalig in einem breiten Mäander direkt an Criewen vorbeiführte. Danach wurde sie begradigt und fließt weit von Criewen entfernt am Ostrand des Odertals. Teile der Altarme am Westrand gingen in die Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße auf, die Anfang des 20. Jahrhunderts als künstliche Wasserstraße parallel zur Oder angelegt wurde. So macht der Auenpfad nicht nur die Flora und Fauna des Nationalparks Unteres Odertal erlebbar, sondern gibt auch Aufschluss über die Veränderungen, die der Mensch hier in der natürlichen Landschaft vorgenommen hatte.